Das Auge des Jägers bei Dunkelheit
Wie sieht der Jäger bei der Nachtjagd auf Sauen? Wie gewöhnt sich das menschliche Auge an die Dunkelheit? Was passiert, wenn das Auge geblendet wird? Was kann man tun, um seine Sehfähigkeit bei der Nachtjagd auf Schwarzwild aufrecht zu erhalten?
Vor dem Aufkommen von Nachtsichttechnik ging es des Nachts raus mit einem guten Fernglas und einem lichtstarken Zielfernrohr auf der Büchse. Grundsätzlich gilt: ob der Mond direkt scheint oder eine leichte Wolkendecke gutes Streulicht bietet, der nächtlichen Jagd auf Sauen steht dann auch ohne Nachtsichttechnik nichts im Wege. Ist das Auto dann im Revier abgestellt und man selbst in der Nacht verschwunden, so dauert es ca. 30 Minuten, bis die Augen ihr volles Potential für das Nachtsehen ausschöpfen können. Wird das Auge auch nur kurz einmal geblendet, so ist die Sehfähigkeit bei Dunkelheit wieder merklich eingeschränkt und der Adaptions-Prozess beginnt von vorne.
Aber warum ist das so?
Bis das Auge in der Dunkelheit voll da ist braucht es bis zu 30 Minuten
Ein kurzer Exkurs in die Biologie unseres Auges.
Auf unserer Netzhaut befinden sich lichtempfindliche Photorezeptoren, Zapfen und Stäbchen. Die Zapfen sind dabei für das Farbsehen bei Helligkeit zuständig, die Stäbchen für das schwarz-weiß-Sehen bei Dunkelheit. So ausgestattet können sich unsere Augen an eine beeindruckend weite Spanne an Lichtverhältnissen anpassen.
In den Sehzellen sind befinden sich Sehfarbstoffe, die auf Licht reagieren und so einen Impuls an die Lichtsinneszellen abgeben. Die jeweiligen Sehpigmente müssen, um zur Wirkung zu kommen erst vom Auge aktiviert werden. Das in den Stäbchen eingelagerte Sehpigment nennt sich Rhodopsin, das in den Zapfen Iodopsin. Die Aktivierung der Sehpigmente für die Dunkeladaption ist ein sehr langsamer Prozess - er dauert für die vollständige Anpassung an die Dunkelheit bei den Zapfen ca. 10 Minuten, bei den Stäbchen die oben angeführten langen 30 Minuten.
Dagegen steht die Adaption des Auges an helle Lichtverhältnisse: sie geht innerhalb von Sekundenbruchteilen vonstatten und erreicht ihr Optimum nach bis zu 6 Minuten - ein Schutzmechanismus vor Netzhautschäden durch übermäßig starkes Licht.
Ergo: bei der Nachtjagd auf Schwarzwild müssen wir sehr sparsam mit (weißem) Licht umgehen, wenn wir das volle nächtliche Sehpotential unserer Augen nutzen möchten.
Photopisch, mesopisch, skotopisch - diese Sprachen spricht das Auge
- Das Sehen bei Helligkeit nennt man photopisches Sehen (Tagsehen).
- Bei Dämmerung ist es das mesopisches Sehen (Dämmerungssehen).
- Und in der Dunkelheit heißt es skotopisches Sehen (Nachtsehen).
- Den Übergang zum skotopischen Sehen bezeichnet man als Dunkeladaption.
Wer hier tiefer einsteigen will, der wird mit diesen Begriffen fündig.
Die Augen liefern demzufolge nach der Anpassung an die Dunkelheit (Dunkeladaption) also ein einfaches schwarz-weiß-Bild - mit eingeschränkter Schärfe. Die Bildschärfe ist dabei in den Randgebieten des Sichtbereiches besser als in der Bildmitte, weil im Zentrum der Netzhaut die Zapfendichte höher ist, als in den Randbereichen - und die sind für die Dunkelheit ja schlechter geeignet.
Wie sieht Wild bei Dunkelheit?
Die Augen unserer heimischen Säugetiere verfügen zum Farbsehen nur über zwei Zapfen-Arten, das menschliche Auge hat drei. Dafür verfügen sie über deutlich mehr Stäbchen. Das Wild sieht in der Dunkelheit bis zu 100 mal besser als der Mensch. Zudem können Wildtiere ihre Pupille weiter öffnen, was mehr Lichteinfall und so mehr Lichtausbeute bedeutet. Einige Tiere (z.B. Rotwild) verfügen sogar über eine Reflexionsschicht auf der Netzhaut, die Restlicht besser einfangen kann. Unser Wild ist also wesentlich besser für die Dunkelheit ausgerüstet.
Mit dem zweiten sieht man besser - gerade im Dunkeln
Grundsätzlich gilt beim Nachtsehen auf der Nachtjagd einmal mehr: “mit dem zweiten sieht man besser” - mit zwei Augen hat man einen deutlich besseren und kontrastreicheren Bildeindruck, als mit nur einem Auge. Das merkt man schnell, wenn man beidäugig durch das Fernglas klar und deutlich ein Stück Schwarzwild erspäht hat, um das Wildschwein dann anschließend einäugig trotz (lichtstarkem) Zielfernrohr in einem "matschigen" Bild suchen muss.
Die Leistung der Augen auf der Nachtjagd lässt sich mit passendem Fernglas und Zielfernrohr deutlich steigern und “jagdfähig” machen. Das Einschätzen von Entfernungen bei der Nachtjagd fällt deutlich schwerer, die Orientierung im Gelände ist durch fehlende Details merklich eingeschränkt. Das wird in der Regel dadurch weiter erschwert, weil einem mit Fernglas und Zielfernrohr immer nur ein vergrößerter Ausschnitt eines stark eingeschränkten Sichtfeldes zur Verfügung steht. Unsere Bild-, und damit unsere Orts- und Entfernungsinformationen sind im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Zusammenhang gerissen.
Beschießt man auf der nächtlichen Pirsch ein Stück auf einer größeren Freifläche, dann kommen nach dem Schuss schnell die Fragen auf: “Wo stand das Stück genau?” und im Zuge der Suche: “Wo stand ich eigentlich genau?”. Da hilft es auch nicht, wenn man sich im eigenen Revier gut auskennt.
Wärmebildkameras und andere Nachtsichttechnik - elektronische Jagdhelfer
Schwieriger wird es, wenn das an die Dunkelheit gewöhnte Auge gestört wird. Handy, Scheinwerferlicht, Taschenlampe - oder Nachtsichttechnik. Schon in Bruchteilen einer Sekunde wird das Nachtsehen wie oben beschrieben stark eingeschränkt. Es wird dann wieder bis zu dreißig Minuten dauern, bis das oder die Augen wieder ihr volles Nachtsehpotential ausschöpfen können. Bei der Ansitzjagd mag das zu verschmerzen sein, auf der nächtlichen Pirsch ist das eher ungünstig. Gerade wenn man in der Dunkelheit in Bewegung ist und man am Wild dran ist, ist es wichtig seine nähere Umgebung gut abschätzen zu können: ist da ein Hindernis? Eine Pfütze? Trockenes Laub? Jede Bewegung, jeder Schritt will überlegt sein, wenn man sich auf den Schuss vorbereiten muss. Zudem ist es gut, wenn man auf kurze Distanzen mit bloßem Auge das Stück gut erkennen kann - das Wild kann es dann nämlich auch schon längst - schließlich sieht es, wie oben beschrieben, in der Dunkelheit bis zu 100 mal besser als wir. In solchen Situationen ist oft nicht mehr genug Spielraum, um mit der Technik zu hantieren, da sollten beide Hände schon an der Büchse sein, das Stück fest im Blick.
Als ich das erste Mal überhaupt mit einer Wärmebildkamera auf der Nachtjagd auf Sauen ins Revier ging tat sich für mich eine neue Welt auf, die meine Art zu jagen grundlegend und nachhaltig änderte. Aber Ich musste auch schnell lernen, dass die neue Technik auch ihre Haken hatte. Das helle Display im Okular der Wärmebildkamera blendete mein Auge, so dass ich die für Rechtshänder ausgelegte Wärmebildkamera mit der linken Hand halten und auf dem linken Auge nutzen musste, damit mein Zielauge in Falle des Falles durch das Zielfernrohr überhaupt eine Chance hatte, noch etwas zu sehen. Auf dem linken "Spotter"-Auge hatte ich dann aber immer die Revierpiraten-Augenklappe und fühlte mich ständig gehandicapt. Das hat mich sehr gestört.
Der Rotlichtfilter rettet das Nachtsehen bei der Nachtjagd
Dass wir Jäger jetzt auch Wärmebildvorsatzgeräte nutzen dürfen macht es nicht einfacher, jetzt gibt es bei der Nachtjagd doppelt auf die Augen.
Es ist für mich wichtig auf der Nachtjagd die Nachtsehfähigkeit meiner Augen immer so hoch wie möglich zu halten.
Bekanntlich beeinträchtigt rotes Licht das Nachtsehen nicht oder kaum. Daher habe ich mit verschiedenen Rotlichtfilter-Lösungen experimentiert für Spotter und Vorsatzgerät. Jetzt kann ich der Nachtjagd wieder uneingeschränkt nachgehen - keine geblendeten Augen mehr, kein Streulicht mehr am Körper.
Weiterführende Links:
2 Kommentare
Finn Heurs
Ein sehr hilfreicher und interessanter Beitrag. Vielen Dank dafür. LG und Waidmannsheil
Franz
Danke für Deine sehr guten Tipps! Betreffend Rotlicht Filter bin ich sehr neugierig, wie hast Du das gelöst, was fertiges habe ich da ja leider noch nicht gefunden. Hast du den Filter zum Schluss, also da wo Du reinsiehst, vermute ich!? Danke Dir, WmH Franz
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